Faktencheck

Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, das ihr unterstellte Sozial- sowie das Migrationsamt wiederholen in ihren Stellungnahmen gebetsmühlenartig, dass es sich bei den Menschen in den Nothilfeunterkünften um abgewiesene Asylsuchende handle, die sich illegal in der Schweiz aufhalten würden. Die Medienmitteilungen sind zudem regelmässig darum bemüht, ein Bild von straffälligen, besonders renitenten Asylsuchenden zu verbreiten. Auf diese Weise werden die Betroffenen in der öffentlichen Wahrnehmung selbst als Träger von Grundrechten delegitimiert, während das rechtsstaatliche Handeln der Behörden herausgestrichen wird. Mit einem Faktencheck inklusive Verlinkungen zu den entsprechenden Quellen möchten wir Ihnen hier die Möglichkeit geben, diese Darstellungen zu überprüfen.

 

Inhalt

1.      «Rechtsstaatliche Verfahren und Wegweisung». 3

1.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 3

1.2.       Faktencheck. 3

1.2.1.        Verfahren. 3

1.2.2.        Verlassen der Schweiz. 3

1.2.3.        Rechtsstaatliches Verfahren. 3

2.      Strafverfahren wegen rechtswidrigem Aufenthalt 4

2.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 4

2.2.       Faktencheck. 4

2.2.1.        Strafverfolgung. 4

2.2.2.        Strafjustiz 4

2.2.3.        Strafvollzug. 5

3.      Ausländerrechtliche Administrativhaft, insbesondere Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft

3.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 6

3.2.       Faktencheck. 6

3.2.1.        Rechtssprechung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich. 6

3.2.2.        Situation unter den Bedingungen der Coronakrise. 6

3.2.3.        Ermessen des Kantons. 7

3.2.4.        Haftdauer. 7

3.2.5.        Kosten unzulässiger Haft. 7

4.      Eingrenzungen 8

4.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 8

4.2.       Faktencheck. 8

4.2.1.        Zwangsmassnahme nicht nur gegen «Kriminelle». 8

4.2.2.        Flächendeckend verfügte Eingrenzungen. 8

4.2.3.        Gerichtliche Beurteilung der Eingrenzungen. 8

4.2.4.        Anzahl aufgehobener Eingrenzungen. 8

4.2.5.        Kosten der Eingrenzungen. 9

5.      Nothilferegime 9

5.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 9

5.2.       Faktencheck. 9

5.2.1.        Korrektur der Darstellung der Sicherheitsdirektion. 9

5.2.2.        Gesetzliche Grundlage fehlt. 10

5.2.3.        Definition der Nothilfe. 10

6.      Bunker in Urdorf 10

6.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 10

6.2.       Faktencheck. 10

6.2.1.        Delinquenz und Vulnerabilität. 10

6.2.2.        Ungeeignete Unterbringung. 11

7.      Härtefallregelung 11

7.1.       Behauptung Sicherheitsdirektion. 11

7.2.       Faktencheck. 11

7.2.1.        Administrativhaft statt Härtefall 11

 

 

 

 

Kommunikation der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich

 

1.     «Rechtsstaatliche Verfahren und Wegweisung»

Das rechtsstaatliche Prinzip eines fairen Verfahrens ist in der Bundesverfassung festgelegt. Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie bei Rechtsstreitigkeiten auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde.
 

 

1.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Bei abgewiesenen Asylsuchenden wurde in einem «rechtsstaatlichen» «Verfahren» «festgestellt, dass sie die Schweiz verlassen müssen» (Anfrage 246 KR-Nr. 81/2020 Erw. I.).

 

1.2.        Faktencheck

1.2.1.   Verfahren

Dass es ein «Verfahren» gab, trifft zu 100% zu.

 

1.2.2.   Verlassen der Schweiz

Dass «festgestellt wurde, dass sie die Schweiz verlassen müssen», trifft zu 80-90% zu, weil von den abgewiesenen Asylsuchenden bzw. Nothilfebezügern bei rund 500 in der Schweiz (SEM, Asylstatistik 2019, S. 23) bzw. bei etwa 50-100 im Kanton Zürich (SEM, Asylstatistik 09.2020, Bestand Rückkehrunterstützung) der Wegweisungsvollzug wegen einem Vollzugsstopp jeweils ausgesetzt ist, sei es wegen einem Wiedererwägungs- oder Mehrfachgesuch, einem hängigem Härtefallgesuch, einem Ehevorbereitungsverfahren oder einem Gerichtsentscheid. Das bedeutet, dass diese Personen von Gesetzes wegen – zumindest zurzeit – die Schweiz gar nicht verlassen müssen. Viele von diesen Personen erhalten später denn auch eine reguläre Aufenthaltsbewilligung oder werden zumindest vorläufig aufgenommen und halten sich fortan rechtmässig in der Schweiz auf. Einige haben hier auch Familie, Kinder, Ehepartner oder Eltern.

 

1.2.3.   Rechtsstaatliches Verfahren

Dass es bei abgewiesenen Asylbewerbern ein «rechtsstaatliches» Verfahren gab, trifft wohl etwa zu 20% zu. Pro Jahr ergehen rund 15'000 bis 20'000 Asylentscheide des SEM, davon rund 30% Asylgewährungen (Anerkennungsquote rund 30%), rund 30% vorläufige Aufnahmen (VA rund 30% bzw. Schutzquote rund 60%) und je etwa 20% Ablehnungen und 20% Nichteintretensentscheide (SEM, Asylstatistik 2019, S. 9 und 17). Die Ablehnungen werden vom SEM oft sehr schlecht begründet, die Nichteintretensentscheide nur summarisch. Bei Nichteintretensentscheiden findet meist gar keine Anhörung statt. Der Entscheid fällt jeweils ein Fallverantwortlicher mit Zustimmung eines Vorgesetzten.

 

Von diesen rund 70% bzw. 12'000 bis 15'000 negativen Entscheiden pro Jahr (VA, Ablehnungen, Nichteintreten) wird jeweils rund ein Viertel bis ein Drittel (4'000 bis 4'500) pro Jahr beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) als einzige Instanz angefochten. Davon werden rund 10% (teilweise) gutgeheissen und rund 5-10% ans SEM zurückgewiesen (Geschäftsbericht BVGer 2019 S. 68 und S. 78). Die Beschwerdefristen sind sehr kurz (NEE 5 Tage). Beim BVGer muss vor allem ein Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 750.– geleistet werden, was für Asylsuchende faktisch unmöglich bzw. unerschwinglich ist, insbesondere bei Nichteintretensentscheiden, weil die Betroffenen dann meist nur sehr kurz in der Schweiz weilten, und somit überhaupt keine Möglichkeit hatten, Geld anzusparen. Auf rund 20% der Beschwerden tritt das BVGer gar nicht erst ein, darunter viele Asylbeschwerden, weil der Kostenvorschuss nicht aufgebracht werden kann. Ein Weiterzug ans Bundesgericht ist nicht möglich. Nur die wenigsten Ablehnungs- (oder Nichteintretens-)Entscheide werden vom BVGer daher materiell überprüft, wo gesagt werden kann, dass tatsächlich in einem «rechtsstaatlichen» Verfahren durch ein unabhängiges Gericht festgestellt wurde, dass sie die Schweiz verlassen müssen.

 

2.    Strafverfahren wegen rechtswidrigem Aufenthalt 

(Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG)
 

Abgewiesene Asylsuchende werden immer wieder dafür bestraft, dass sie sich «illegal» in der Schweiz aufhalten. Da sie nicht arbeiten dürfen, sind sie von der Nothilfe abhängig und werden vom kantonalen Sozialamt in dafür vorgesehenen Unterkünften platziert. Dort müssen sie ihre Anwesenheit zweimal täglich mit ihrer Unterschrift bestätigen. Der Aufenthalt dieser Menschen ist den Behörden daher jederzeit bekannt. Von Seiten der Strafverfolgungsbehörden werden nichtsdestotrotz immense Ressourcen aufgewendet, um diese Menschen zu verhaften und so die «Straftat des rechtswidrigen Aufenthalts» zu verfolgen.

 

2.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Beim rechtswidrigen Aufenthalt handelt es sich um ein Offizialdelikt, welches die Strafverfolgungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaften) von Amtes wegen zu verfolgen haben, wobei Staatsanwaltschaften und Gerichte zu entscheiden haben, ob Rechtfertigungs-, Schuldausschluss-, Strafbefreiungs- oder Strafaufhebungsgründe vorliegen, respektive ob ein Strafverfahren zu eröffnen oder einzustellen ist (Anfrage 246 KR-Nr. 81/2020 F/A 2).

 

2.2.        Faktencheck

2.2.1.   Strafverfolgung

Bei den Ausländerdelikten bzw. beim rechtswidrigen Aufenthalt handelt es sich um sogenannte Holkriminalität, mithin um Delikte, die durch polizeiliche Kontrollen oder Ermittlungen überhaupt erst bekannt werden, weil es keine Geschädigten gibt. Darunter fallen strafbare Handlungen, die keine Delikte gegen Leib und Leben, die sexuelle Integrität, die Freiheit, das Vermögen oder die Ehre darstellen. Wo, wie, wann und in welchem Umfang polizeiliche Ressourcen insbesondere im Bereich Holkriminalität eingesetzt werden (oder nicht) ist denn letztlich eher eine politische und weniger eine rechtliche Frage, die durch den Direktionsvorsteher und/oder das Polizeikommando festgelegt wird. Massstab dafür sollte jedoch immer die potentielle Rechtsgutverletzung sein, mithin sollten gravierende Delikte intensiver verfolgt werden als Bagatelldelikte. Für die Legislaturperiode 2019 bis 2022 wurden vom Zürcher Regierungsrat fünf Schwerpunkte der Kriminalitätsbekämpfung festgelegt: Seniorenzentrierte Kriminalität, Geldwäscherei, Digitales Strafverfahren, Gefährdung durch psychisch auffällige Personen sowie Gewalt gegen Frauen. Die Migrationsdelikte finden sich aber nicht darunter.

 

Die Kantonspolizei führt dennoch regelmässig kostspielige (Gross-)Kontrollen in den Notunterkünften bzw. Rückkehrzentren durch (vgl. etwa für viele MM KaPo vom 29.01.2020 betreffend RKZ Adliswil, MM KaPo vom 23.09.2020 betreffend RKZ Rohr, MM KaPo vom 06.11.2015 betreffend NUK Urdorf), in denen sich abgewiesene Asylbewerber von Gesetzes wegen aufhalten müssen, da sie ansonsten keine Nothilfe erhalten. Dass die Kantonspolizei dann dort tatsächlich regelmässig auf Personen trifft, die sich «illegal» in der Schweiz aufhalten, ist wenig überraschend. Im RKZ Urdorf wurden derartige Kontrollen im Wochen- und teilweise sogar Tagesrhythmus durchgeführt.

 

2.2.2.   Strafjustiz

Gemäss der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden im Kanton Zürich im Jahre 2018 9'571 (2017: 9'073) Straftaten betreffend AIG erfasst, bei 2'820 (2017: 2’774) handelt es sich um rechtswidrigen Aufenthalt. Gemäss dem Jahresbericht Staatsanwaltschaft Kanton Zürich aus dem Jahre 2018 wurden rund 7’600 (2017: 6'700) Delikte gemäss AIG bearbeitet, mutmasslich betreffen wohl mindestens ein Drittel den rechtswidrigen Aufenthalt. Schliesslich wurden gemäss Bundesamt für Statistik im Jahre 2018 im Kanton Zürich insgesamt 3'159 (2017: 3'156) Verurteilungen wegen Widerhandlungen gegen das AIG verzeichnet, davon alleine 1'348 (2017: 1'428) Verurteilungen wegen rechtswidrigen Aufenthalts.

 

Die meisten dieser Verurteilungen, viele betreffen Freiheits- und nicht etwa Geldstrafen, ergehen durch die Staatsanwaltschaft mittels Strafbefehl, der den der deutschen Sprache oft nicht mächtigen, rechtsunkundigen Betroffenen ohne anwaltlichen Beistand von einem Beamten oder gar durch das Personal der privaten Betreuungsorganisation ORS Service AG ohne Übersetzung und ohne staatsanwaltschaftliche Einvernahme ausgehändigt wird. Von diesen weit mehr als 1’000 Fällen werden lediglich 30 bis 40 Fälle pro Jahr von gerichtlichen Instanzen beurteilt. Die meisten der «straffälligen», abgewiesenen Asylbewerbern wurden somit einzig deshalb straffällig, weil sie sich rechtswidrig bzw. «illegal» in der Schweiz aufhalten und sie dazu in einem alles andere als rechtsstaatlichen Verfahren von der Staatsanwaltschaft und nicht etwa einem Gericht «verurteilt» wurden. Und auch das nur deshalb, weil die Kantonspolizei in den Rückkehrzentren regelmässig Grosskontrollen durchführt, womit diese «Kriminellen» überhaupt erst aufgespürt werden.

 

Den Weisungen der Oberstaatsanwaltschaft für das Vorverfahren (vom 01.07.2020 Ziff. 12.8.6.1 S. 223; WOSTA) zu den Ausländerdelikten ist in Bezug auf die Grundsätze Folgendes zu entnehmen: «Widerhandlungen gegen das AuG stellen keine Bagatelldelikte dar und sind konsequent zu verfolgen.» Die Weisung, dass eine bestimmte Deliktskategorie «konsequent zu verfolgen» ist, findet sich in den ganzen 285-seitigen WOSTA ein einziges Mal, bei den Ausländerdelikten. Dass Widerhandlungen gegen das AIG «keine Bagatelldelikte darstellen», ist zumindest in Bezug auf den rechtswidrigen Aufenthalt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG juristisch schlicht und einfach falsch. Zumal es sich beim rechtswidrigen Aufenthalt, welcher mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft wird, von Gesetzes wegen um ein Bagatelldelikt handelt. In der ganzen Bundesgesetzgebung finden sich rund 40 Gesetze mit wohl mindestens doppelt so vielen Delikten, die wie der rechtswidrige Aufenthalt auch mit «Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe» bestraft werden, die meisten davon Offizialdelikte. Keines wird aber so «konsequent» verfolgt wie der rechtswidrige Aufenthalt. Die Strafverfolgungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaften) wissen teilweise nicht einmal, dass es diese anderen Strafbestimmungen überhaupt gibt.

 

2.2.3.   Strafvollzug

Der prozentuale Anteil der bedingt oder unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen bei Migrationsdelikten beträgt für das Jahr 2018 im Kanton Zürich bis zu 50% respektive etwa 3 Mal mehr als im BetmG oder 6 Mal mehr als im SVG (BfS, Verurteilungen Erwachsene AuG/BetmG/StGB/SVG, 2018).

 

Anzahl Freiheitsstrafen im Kanton Zürich AuG/BetmG/StGB/SVG im Jahre 2018

 

Freiheitsstrafen                         ZH Total           AuG                 BetmG              StGB                SVG

 

Bedingte Freiheitsstrafen           1214                 561                   217                   478                   111

 

Unbedingte Freiheitsstrafen       1015                 479                   122                   531                   59

 

Anteil Freiheitsstrafen im Kanton Zürich AuG/BetmG/StGB/SVG im Jahre 2018

 

Freiheitsstrafen                         ZH Total           AuG                 BetmG              StGB                SVG

 

Bedingte Freiheitsstrafen           112%                46%                 18%                 39%                 9%

 

Unbedingte Freiheitsstrafen       117%                47%                 12%                 52%                 6%

 

Auch die unterjährigen, unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen müssen bei Migrationsdelikten meist bis zum letzten Tag abgesessen werden, insbesondere bei Fällen gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG und Art. 119 AIG, während es ansonsten erst ab 1 Jahr Freiheitsstrafe ernst gilt und zuvor sämtliche alternativen Vollzugsformen (Gemeinnützige Arbeit, Electronic Monitoring, Halbgefangenschaft) in Frage kommen. Der Vollzug dieser kurzen unbedingten Freiheitsstrafen ist für den Steuerzahler ausserordentlich kostspielig und beträgt über Fr. 200.– pro Tag (Ostschweizer Strafvollzugskonkordat, Kostgelder und Gebühren 2020/2021).

 

 

3.    Ausländerrechtliche Administrativhaft, insbesondere Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft

(Art. 76 AIG und Art. 78 AIG)
 

Die Bundesverfassung hält fest, dass ein Grundrechtseingriff nur dann zulässig ist, wenn er dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entspricht. Administrativhaft, bedeutet einen sehr erheblichen Eingriff in die persönliche Freiheit und ist nur als ultima ratio anzuwenden. Rechtlich unzulässig ist die Haft, wenn der Vollzug der Aus- oder Wegweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar ist.

 

3.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Bei der Anordnung von Administrativhaft erfolgt jeweils eine Einzelfallprüfung, in welcher das Migrationsamt die Verhältnismässigkeit der Haft überprüft. Damit hält sich das Amt an Gesetz und geltende Rechtsprechung (Medienkonferenz der Sicherheitsdirektion am 11.06.2020 ab 19:35). Auch während der Coronakrise werden die Haftvoraussetzungen in jedem Fall einzeln überprüft. Es besteht keinerlei Notwendigkeit die derzeitige Praxis aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtssprechung zu ändern. Das Bundesgericht hat die Anordnung von Administrativhaft als zulässig beurteilt (NZZ vom 09.07.2020 S. 15).

 

 

3.2.        Faktencheck

3.2.1.   Rechtssprechung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich

Das Migrationsamt hält sich insbesondere nicht an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts (VGer) des Kantons Zürich. Die Erfolgsquote von Beschwerden betreffend ausländerrechtliche Zwangsmassnahmen am Verwaltungsgericht war in den Jahren 2018/2019 sehr hoch und betrug rund 30%, während am Verwaltungsgericht ansonsten durchschnittlich nur rund 20% der Beschwerden (teilweise) gutgeheissen werden (Rechenschaftsberichte VGer 2018 S. 21 und S. 30 sowie 2019 S. 22 und S. 31). Ein grosser Teil der Abschreibungen wegen Gegenstandslosigkeit vor Verwaltungsgericht (rund 20%) ist überdies auf Haftentlassungen durch das Migrationsamt zurückzuführen, womit es sich quasi um (Beschwerde-)Anerkennungen handelt oder aufgrund von zwischenzeitlich ergangenen Haftentlassungsurteilen durch das Verwaltungsgericht (wenn bei der zunächst angefochtenen Bestätigung der Administrativhaft eine entsprechende Beschwerde gutgeheissen wird und die danach ebenfalls angefochtene Fortsetzung/Verlängerung der Administrativhaft abgeschrieben wird). Demnach betrug in den Jahren 2018/2019 bei der Anfechtung von Entscheiden des Zwangsmassnahmengerichts (ZMG) am Verwaltungsgericht die Erfolgsquote bis zu 50% und ist somit im Quervergleich sehr hoch.

 

3.2.2.   Situation unter den Bedingungen der Coronakrise

Weil infolge der Covid-19-Pandemie ab März 2020 Rückführungen insbesondere in aussereuropäische Länder aufgrund weitgehender Reise- und Flugbeschränkungen nicht mehr absehbar waren, haben unter anderem die Kantone Genf, Basel-Stadt, Basel-Land sowie teilweise Bern und Graubünden keine Administrativhaft mehr angeordnet und die Inhaftierten – sehr wahrscheinlich auch aus Kostenüberlegungen und um unnötige Gerichtsverfahren zu vermeiden – entlassen. Demgegenüber hat sich das Migrationsamt des Kantons Zürich diesem Ansinnen bis zuletzt vehement widersetzt. Dutzende von Fällen mussten daher – unnötigerweise – an gerichtliche Instanzen weitergezogen werden, wobei erst Verwaltungs- und Bundesgericht praktisch ausnahmslos zu Ungunsten des Migrationsamts ein Machtwort sprachen.

 

Von bis anhin vom Bundesgericht beurteilten 14 Fälle von Administrativhaft während der Coronakrise wurden 11 bzw. 12 (85%) zugunsten der Betroffenen gutgeheissen (2C_312/2020; 2C_323/2020; 2C_371/2020; 2C_386/2020; 2C_408/2020, zur amtlichen Publikation vorgesehen; 2C_414/2020; 2C_442/2020; 2C_512/2020; 2C_518/2020; 2C_550/2020; 2C_768/2020; 1 Fall AG, 2 Fälle SO, 1 Fall LU, 7 Fälle ZH), bei einem Fall erfolgte ein Nichteintreten (2C_384/2020; 1 Fall ZH), weil der Betroffenen bereits entlassen wurde, und nur 2 Fälle (15%; 1 Fall SO, 1 Fall TG) wurden abgewiesen (2C_368/2020; 2C_510/2020). In Bezug auf den Kanton Zürich wurden die meisten der gegen die Entscheide des ZMG beim Verwaltungsgericht erhobenen Beschwerden bereits vom Verwaltungsgericht gutgeheissen. Die wenigen Beschwerden, die abgewiesen wurden, wurden anschliessend ausnahmslos vom Bundesgericht gutgeheissen. 

 

3.2.3.   Ermessen des Kantons

Bei den Bestimmungen betreffend ausländerrechtliche Administrativhaft handelt es sich ausnahmslos um sogenannte Kann-Bestimmungen, die den Behörden grosses Ermessen einräumen. Die Sicherheitsdirektion brüstet sich seit Jahren damit, dass im Kanton Zürich besonders oft Zwangsmassnahmen, insbesondere Administrativhaft, angeordnet wird. Dass der Kanton Zürich im Vergleich zu anderen Kantonen exzessiv von der Möglichkeit Gebrauch macht, Menschen aus verwaltungsrechtlichen Gründen zu inhaftieren, lässt sich auch der Statistik des SEM entnehmen. Das Migrationsamt des Kantons Zürich zeigt sich für rund 20% aller Dublinhaft-Fälle und 60% aller Durchsetzungshaft-Fälle in der ganzen Schweiz verantwortlich (SEM, Asylstatistik 2. Quartal 2020, S. 30). Insbesondere bei den Dublin-Fällen ordnet das Migrationsamt flächendeckend Haft an, ohne dass die Voraussetzungen überhaupt gegeben sind. Da eine gerichtliche Haftüberprüfung nicht von Amtes wegen erfolgt, findet eine richterliche Prüfung nur selten  statt.

 

3.2.4.   Haftdauer

Die maximale kumulierte Dauer bei der ausländerrechtlichen Administrativhaft beträgt grundsätzlich 6 Monate. Diese Haftdauer darf unter restriktiven Einschränkungen um 12 Monate verlängert werden. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf die maximal mögliche Dauer von 18 Monaten nur im äussersten Fall in Anspruch genommen werden. Im Kanton Zürich kommt es aber immer wieder vor, dass Personen bis zu 12 Monate und länger in Administrativhaft verbringen. Teilweise werden von den Migrationsbehörden während Monaten keinerlei Wegweisungsvollzugsbemühungen getätigt (Identifizierungen, Papierbeschaffungen, Beschaffung von Ersatzpapieren, Flugbuchungen).

 

3.2.5.   Kosten unzulässiger Haft

Diese insbesondere vom Verwaltungsgericht oft als unzulässig beurteilten Anordnungen von ausländerrechtlicher Administrativhaft verursachen sehr hohe unnötige Kosten, die pro Fall schnell Fr. 20‘000.– übersteigen und nicht selten wohl bis zu Fr. 50'000.– betragen (Aufwand von Migrationsamt, SEM, Kantonspolizei, Übersetzern, Flughafengefängnis, Zwangsmassnahmengericht, Verwaltungsgericht [Richter/innen, Gerichtsschreiber/innen, Auditor/innen, Verwaltungssekretär/innen], Anwält/innen, Prozessentschädigungen, unentgeltliche Rechtspflegekosten, Transportkosten, Taggelder im Flughafengefängnis [über Fr. 200.– pro Tag gemäss Ostschweizer Strafvollzugskonkordat, Kostgelder und Gebühren 2020/2021], Kosten für medizinische Versorgung, unnötige Flugbuchungen, Staatshaftungsverfahren, Genugtuungen, etc.), alles zu Lasten des Steuerzahlers des Kantons Zürich.

 

 

4.    Eingrenzungen

(Art. 74 AIG)
 

Das Migrationsamt kann Personen ohne Aufenthaltsbewilligung die Auflage machen, ein ihr zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen. Die Massnahme bedeutet einen sehr erheblichen Eingriff in die persönliche Freiheit. Sie muss daher stets dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen und geeignet sein ihr Ziel zu erreichen.

 

4.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Eingrenzungen werden nur bei Kriminellen oder solchen, die disziplinarisch nicht anders zu bewältigen sind, angeordnet (MK SD vom 28.02.2019, RR Fehr ab 13:00). Nur rund 10% der Eingrenzungen wurden von Gerichten aufgehoben (MK SD vom 17.03.2017).

 

4.2.        Faktencheck

4.2.1.   Zwangsmassnahme nicht nur gegen «Kriminelle»

Es trifft nicht zu, dass von dieser Zwangsmassnahme nur Kriminelle betroffen sind. Eingrenzungen wurden und werden auch bei abgewiesenen Asylsuchenden angeordnet, die nie im herkömmlichen Sinne kriminell wurden, sondern sich lediglich ohne Aufenthaltstitel in der Schweiz aufgehalten haben und die überdies teilweise schwer krank waren und somit zu den besonders vulnerablen Personen gehören (Urteil VB.2018.00817 E. 2.2.3., E. 2.3.2. und E. 2.3.3. betreffend Diabetes; Urteil VB.2019.0458 E. 3. und E. 4.4. betreffend Methadon- und Benzodiazepinabhängigkeit, Hepatitis und Krebs).

 

4.2.2.   Flächendeckend verfügte Eingrenzungen

Ab Juni 2016 hat die Sicherheitsdirektion beziehungsweise das Migrationsamt im ganzen Kanton rund 300 Eingrenzungen gegen abgewiesene Asylbewerber verfügt. Darunter befanden sich auch viele vulnerable Personen oder Frauen, oftmals bis anhin vollkommen unbescholten, die teilweise in Kleinstgemeinden auf dem Land lebten und unter Strafandrohung für zwei Jahre auf wenige Quadratkilometer eingegrenzt wurden. Dabei hatten sie oft keine Möglichkeiten mehr, ihre alltäglichen Besorgungen zu machen, Deutschkurse, religiöse Zusammenkünfte oder ihre Familien zu besuchen oder auch nur um Einkäufe zu tätigen. Amtsstellen, Ärzte, Rechtsberatungsstellen oder Anwälte aufzusuchen, war grundsätzlich zwar weiterhin möglich, doch dafür benötigten sie fortan sogenannte Ausnahmebewilligungen, die zunächst schriftlich beantragt werden mussten, was für viele eine sehr hohe Hürde darstellt und vom Migrationsamt manchmal auch verweigert wurde.

 

4.2.3.   Gerichtliche Beurteilung der Eingrenzungen

Viele von diesen Eingrenzungen wurden angefochten und gerichtlich beurteilt. Insbesondere wurden Eingrenzungen von den Gerichten als unverhältnismässig beurteilt und meist aufgehoben, wenn sie sich auf eine Gemeinde und nicht auf ein grösseres Gebiet bezogen, sie sich gegen vulnerable Personen oder Personen richteten, die sich, allenfalls mit Ausnahme von Migrationsdelikten, nie etwas zuschulden kommen liessen. Inwiefern die von der Sicherheitsdirektion beabsichtigte Druckwirkung zur Ausreise erfolgreich war, ist fraglich. Zwei Jahre danach befanden sich rund hundert Nothilfebezüger mehr im Kanton Zürich als zuvor (MK SD vom 28.02.2019).

 

4.2.4.   Anzahl aufgehobener Eingrenzungen

Anlässlich einer Medienkonferenz vom 17.03.2017 (MK SD vom 17.03.2017) wurden seitens Sicherheitsdirektion Zahlen zu den Eingrenzungen präsentiert sowie der prozentuale Anteil derjenigen Eingrenzungen, die von den Gerichten aufgehoben wurden, rund 10%.

Im Anschluss wurde der Regierungsrat von einem Journalisten gefragt, wie viele der Eingrenzungen denn überhaupt vor einem Gericht angefochten wurden. Wie sich dann in der Folge herausstellte, haben sich die 10% der aufgehobenen Eingrenzungen auf die Gesamtzahl der Eingrenzungen bezogen (368 seit dem 01.01.2016). Die Sicherheitsdirektion musste einräumen, dass von denjenigen Eingrenzungen, die vor Gericht angefochten (144) und bereits beurteilt wurden (132), 38 bzw. rund 30% (und nicht 10%) oder rund 3 Mal mehr als zunächst angegeben, aufgehoben wurden (TA vom 18.03.2017). Diejenigen, die nicht angefochten wurden, konnten begriffslogisch auch nicht aufgehoben werden.

 

4.2.5.   Kosten der Eingrenzungen

Nebst der ausserordentlich teuren Eingrenzungsaktion im Juni 2016, die rund 150 (Verwaltungs-) Gerichtsverfahren nach sich zog, was weitere sehr hohe Kosten verursachte, hatte diese Aktion auch dutzende, wenn nicht gar hunderte von Strafverfahren wegen Missachtung der Eingrenzung zur Folge, die die Zürcher Strafjustiz teilweise bis heute beschäftigt und Kosten im Millionenbereich verursacht haben dürfte.

 

Viele dieser Strafverfahren betreffend Missachtung der Eingrenzung betrafen Konstellationen, in denen eingegrenzte Nothilfebezüger auf dem Weg in Deutschkurse, zu religiösen Zusammenkünften, Ärzten, zu Rechtsberatungsstellen oder zu ihrer Familie waren oder einfach kein Geld und keine Lebensmittel mehr hatten und hofften, in der Stadt Zürich etwas zu Essen zu erhalten. Teilweise wurden Strafverfahren eröffnet, weil sich eingegrenzte Personen zwecks Vorsprache auf Amtsstellen wie dem Migrationsamt eingefunden hatten, wozu sie von Gesetzes wegen verpflichtet waren. In anderen Fällen wurden eingegrenzte Personen von der Kantonspolizei observiert und festgenommen, weil sie angeblich die Gemeindegrenze um 10 Meter überschritten hätten, um Zigaretten zu kaufen. 

 

 

5.    Nothilferegime

(Art. 12 BV, Art. 82 AsylG, § 5c SHG, Nothilfeverordnung)
 

Die Bundesverfassung hält fest, dass wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, Anspruch hat auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwür-diges Dasein unerlässlich sind. Mittellose Personen ohne Aufenthaltsbewilligung sind mit einem Arbeitsverbot belegt und von der Sozialhilfe ausgeschlossen. Sie werden deshalb vom Migrationsamt dem Sozialamt zwecks Unterbringung in Nothilfestrukturen zugewiesen.

 

5.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Das Verwaltungsgericht hat es als zulässig beurteilt, den Auszahlungsmodus von Nothilfeleistungen an tägliche Anwesenheitskontrollen zu koppeln (Anfrage 246 KR-Nr. 81/2020 F/A 3).

 

5.2.        Faktencheck

5.2.1.   Korrektur der Darstellung der Sicherheitsdirektion

Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die Anwesenheitspflicht, das heisst die Pflicht, sich zweimal täglich mit Unterschrift die Anwesenheit in der Notunterkunft bestätigen sowie dort übernachten zu müssen, als zulässig beurteilt hat, sondern das Verwaltungsgericht hat diese Frage explizit offengelassen (Urteil VB.2018.00584 E. 4.5.5). Dieses Urteil ist dem Kantonalen Sozialamt bzw. der Sicherheitsdirektion bestens bekannt.

 

Im Übrigen trifft vielmehr das Gegenteil zu. Namhafte Stimmen aus der Rechtslehre qualifizieren die «Anwesenheitskontrollen» bzw. Anwesenheitspflichten aus mehreren Gründen juristisch als unzulässig (vgl. «Rechtsgutachten zum Nothilferegime im Kantons Zürich» von Prof. Dr. Regina Kiener und Prof Dr. Daniel Moeckli vom 10.08.2017, teilweise publiziert in ZBl 119 10/2018 S. 507 ff.).

 

5.2.2.   Gesetzliche Grundlage fehlt

Für die Anwesenheitspflichten gibt es keine gesetzliche Grundlage, was aber bei derart heiklen Grundrechtseinschränkungen, insbesondere der Einschränkung der Bewegungsfreiheit, zwingend erforderlich ist. Die Anwesenheitspflichten wurden interessanterweise sowohl im revidierten (und inzwischen abgeschriebenen) Entwurf zum Sozialhilfegesetz des Kantons Zürich wie auch im Kanton Bern auf Gesetzes- bzw. Verordnungsstufe festgelegt, um dem sogenannten Legalitätsprinzip Rechnung zu tragen, was bis anhin im Kanton Zürich jedoch nicht der Fall ist.

 

Zuvor wurde die finanzielle Nothilfe dreimal pro Woche ausbezahlt. Die zweimal täglichen Anwesenheitspflichten und die einmal tägliche Auszahlung wurden per 01.02.2017 vom Kantonalen Sozialamt mit einem Merkblatt eingeführt, angeblich um täglich die «Nothilfebedürftigkeit abzuklären» und um «einen Missbrauch zu verhindern». Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden die Anwesenheitspflichten zwischen März und Juni 2020 ausgesetzt und die finanzielle Nothilfe einmal pro Woche ausbezahlt. Selbstredend waren sowohl bei den täglichen wie auch bei den wöchentlichen Auszahlungen bzw. Anwesenheitspflichten jeweils gleich viele Menschen nothilfebedürftig.

 

5.2.3.   Definition der Nothilfe

Die Behauptung der Sicherheitsdirektion, dass über die Nothilfe Druck zur Ausreise erzeugt werden könne, trifft nicht zu. Sie dient gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung einzig und allein einem menschenwürdigen Dasein und der Bewahrung vor einer Bettelexistenz und zwar vollkommen unabhängig vom Aufenthaltsstatus (BGE 131 I 166 E. 3.1).

 

 

6.    Bunker in Urdorf

Bei der Ausgestaltung der Nothilfe bestehen zwischen den Kantonen erhebliche Unterschiede. Was die Unterbringung selbst betrifft, kann die Unterkunft auch innerhalb des Kantons stark varieren. Im Kanton Zürich wird dem RKZ Urdorf weiterhin eine unterirdische Unterkunft betrieben.

 

6.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Im Rückkehrzentrum Urdorf (RKZ Urdorf) sind Männer mit rechtskräftigem Wegweisungsentscheid des Bundes untergebracht, die gestützt auf Art. 82 des Asylgesetzes (SR 142.31) von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden und nur auf Ersuchen hin Nothilfe erhalten. Im RKZ Urdorf werden nur Männer untergebracht, die ausserhalb des Ausländerbereichs straffällig wurden oder die in anderen Zentren aufgrund ihres Verhaltens nicht mehr tragbar waren. Die Unterbringung im RKZ Urdorf erfolgt jeweils gestützt auf die Beurteilung des konkreten Einzelfalles. Zentral sind dabei Sicherheitsüberlegungen. Aber auch medizinische Aspekte fliessen in die Beurteilung ein, so werden besonders vulnerable Personen nicht im RKZ Urdorf untergebracht (vgl. Anfrage KR-Nr. 387/2020 und KR-Nr. 388/2020 Erw. I.).

 

 

6.2.        Faktencheck

6.2.1.   Delinquenz und Vulnerabilität

Es trifft nicht zu, dass sich in der unterirdischen Unterkunft nur dergestalt Straffällige befinden. Dem RKZ Urdorf werden auch Männer zugewiesen, die sich lediglich bzw. ausschliesslich Migrationsdelikte zuschulden kommen liessen, namentlich weil sie sich als abgewiesene Asylbewerber rechtswidrig in der Schweiz aufhalten. Im RKZ Urdorf befinden sich auch immer wieder besonders vulnerable Personen, die teilweise unter schweren Krankheiten leiden (Urteil VB.2019.0458 E. 3. und E. 4.4. betreffend Methadon- und Benzodiazepinabhängigkeit, Hepatitis und Krebs und Urteil VB.2018.00584 E. 5.3. und E. 5.4. betreffend Tuberkulose und weitere Krankheiten) und psychisch schwer traumatisiert sind. Ferner wurden teilweise sogar Asylsuchende mit einem Ausweis N, die sich rechtmässig in der Schweiz aufhielten, im RKZ Urdorf untergebracht.

 

6.2.2.   Ungeeignete Unterbringung

In Bezug auf eine unterirdische Unterkunft hielt das Bundesgericht fest, dass lediglich eine provisorische Unterbringung in einem Luftschutzraum des Zivilschutzes für einen jungen, ledigen Mann mit uneingeschränkter Bewegungsfreiheit und guter Gesundheit keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung darstellt (BGE 139 I 272 E. 3.-5.). Die permanente, sprich mehrmonatige oder gar mehrjährige Unterbringung in einem Luftschutzraum des Zivilschutzes, wie dem RKZ Urdorf, stellt jedoch für junge, ledige Männer mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit, sprich mit einer Eingrenzung und schlechter Gesundheit (Urteil VB.2018.00584 E. 5.3. und E. 5.4. betreffend Tuberkulose und weitere Krankheiten) eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK dar und ist unzulässig.

 

7.    Härtefallregelung

(Art. 14 Abs. 2 AsylG)
 

Der Kanton kann mit Zustimmung des SEM einer Person eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn die Person sich seit Einreichung ihres Asylgesuches mindestens fünf Jahren in der Schweiz aufgehalten hat, ausserhalb des Ausländerrechts nicht straffällig war und nicht erheblich und wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat.

 

7.1.        Behauptung Sicherheitsdirektion

Bei allen, die die Härtefall-Kriterien erfüllen, sprich Aufenthalt in der Schweiz von mehr als 5 Jahren gemäss Art. 14 Abs. 2 AsylG bzw. nach Lesart der Sicherheitsdirektion Aufenthalt in der Schweiz von mehr als 10 Jahren sowie abgesehen von Migrationsdelikten keine strafbaren Handlungen, erfolgt von Amtes wegen eine Prüfung für eine Härtefallbewilligung bzw. diese werden von Amtes wegen angeschrieben (Tagblatt 04.05.2018).

 

7.2.        Faktencheck

7.2.1.   Administrativhaft statt Härtefall

Die Ausführungen der Sicherheitsdirektion, wonach alle Personen, welche die Voraussetzugen erfüllen würden, angeschrieben worden seien, sind nicht korrekt. So wurden diese Personen teilweise nicht nur nie von den Behörden kontaktiert, sondern es wurde ganz im Gegenteil noch Administrativhaft gegen sie angeordnet (illustrativ VB.2019.00458).

 

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